Wettbewerb 2017-18

Naturschutzzentrum Blaue Lagune

Das Gebiet Waldhügel im westfälischen Rheine verdeutlicht eindrucksvoll den Naturschutzkonflikt zwischen Kalkabbau, Abraumbeseitigung und Naturschutz. Aus einem ehemaligen Kalksteinbruch ist ein Naturschutzgebiet entstanden. Mittelpunkt ist die Blaue Lagune, ein Abgrabungssee mit rund 23m hoher Abbruchkante. Ursprünglich beabsichtigte die Stadt Rheine, die Abbauflächen vollständig mit Boden und Bauschutt zu verfüllen. Auf den nicht genutzten Abbausohlen entwickelte sich jedoch im Laufe der Zeit eine ökologisch wertvolle Landschaft, sodass die Stadt Rheine sich dazu entschloss, Teilbereiche ganz dem Naturschutz zu überlassen. Getreu dem Motto ‚nur was ich kenne, kann ich schützen’ soll ein (fiktives) Umweltbildungszentrum den Besuchern des Waldhügels den Wert der Natur näher bringen und dabei Bezug nehmen zum Umgang mit begrenzten Ressourcen.

Der Standort Blaue Lagune eignet sich durch die Naturnähe sehr gut als umweltpädagogischer Lernstandort, in dem Seminare, Gruppenstunden und Diskussionsrunden abgehalten werden sollen. Ein weiteres Ziel ist die Entstehung eines Stützpunktes zur Landschaftspflege für die ehrenamtlich arbeitenden Naturschutzorganisationen der Region. Ein besonderer Ort inmitten der Natur, der für einen beschränkten Zeitraum von 30 Jahren (fiktiv) genutzt werden darf. Die Emissionen für Bau und Betrieb des Neubaus sollen dabei genauso gering sein wie die Spuren, die das Gebäude am Ende seiner Nutzungsdauer hinterlässt. Es soll ein Haus mit minimalem ökologischen Fußabdruck entstehen. Der Verwendung recyclingfähiger Materialien und der Planung demontabler Konstruktionen kommt daher eine entsprechend hohe Bedeutung zu.

Preisträger

1. Preis

Nathalie Sophie Hans

Bergische Universität Wuppertal

 

„Ein Naturschutzzentrum hat einen informativen Auftrag und muss an die Zerstörung durch den Menschen und den massiven Maschineneinsatz erinnern.“ – Diesen Satz nimmt sich die Verfasserin des „Gedenkwerks“ als Vorsatz für ihr Konzept. Es fungiert als Mahnmal für die Zerstörung der Landschaft durch den Kalkabbau. Zur Umsetzung dessen wird eine nicht mehr gebrauchte LKW-Abfüllanlage eines nahegelegenen aktiven Abbaugebietes neu positioniert und umfunktioniert. Nun verbergen die Silos an Stelle von Kalk eine spannende Alternative zur Wassernutzung, eine spielerisch erfahrbare Ausstellung und eine interessante neue Raumerfahrung im Schlafsilo. Durch die Umnutzung des maßstäblichen Objektes sind weite Teile der Konstruktion wiederverwendet, hinzugefügt werden lediglich die Sekundärkonstruktion aus Stahlblechen mit Holzfaser- und Schafwolldämmung sowie die Abdichtung der Regenwassersammelbecken. Mit diesem starken Urban Mining Ansatz wird zugleich ein unverkennbarer Bezug zur Umgebung deutlich.

1. Preis

Vera Quasten

Bergische Universität Wuppertal

 

Die „Looping Lagoon“ stellt einen Kreislauf dar, der eine Art Lehrpfad zum Mitmachen auf der östlichen Seeseite bildet. Auf diesem durchläuft der Besucher verschiedene Stationen, die an der jeweils verorteten Stelle spezifisches Wissen vermitteln und eine Verknüpfung mit der Natur fördern. Entlang des Pfades trifft man auf drei architektonische Aufenthaltsorte: einer Versorgungswerkstatt, einem Nachtlager und einem Lernzentrum. Diese sind in Anlehnung an das praktische und kostengünstige General Panel System von Konrad Wachsmann und Walter Gropius konstruiert. Hinzugefügt wurden lediglich Werk- und Dämmstoffplatten aus Holz. Durch die Initiierung der Teilnehmer zum Selber Machen weist das entworfene Zentrum einen starken pädagogischen Ansatz auf. So wird zum Beispiel Strom über einen Ökotrainer erzeugt und den Aussichtspunkt eines Turmes erreicht man nur mit Hilfe der Zugkraft anderer. Das Projekt nimmt mit einer zurückhaltenden Geste, einer rückbaubaren Konstruktion und einer Verortung außerhalb des Biotops eine besondere Rücksichtnahme auf den Naturschutzbereich.

3. Preis

Aaron Geier und Janina Stemler

Universität Stuttgart

 

Bei dem Naturschutzzentrum „Urban biological Mining“ liegt der Schwerpunkt auf der biologischen Verwertung von Bausubstanzen. Umgesetzt wird dieses Konzept in Form eines Konglomerats individueller kleiner Häuser mit einer verbindenden Versammlungsterrasse, überschirmt von einem großen Zeltdach. Alle Häuser wurden aus verschiedenen nachwachsenden Rohstoffen gebaut. Besondere Beachtung findet dabei das größte Objekt. Dieses wurde nicht wie die anderen in einer Holzrahmenbauweise ausgeführt, sondern aus massiven Stampflehmwänden. Hat das Naturschutzzentrum an der Blauen Lagune den End-of-Life Status erreicht, wird das Zeltdach abgebaut und an einer anderen Stelle wieder aufgebaut, während der Rest des Ensembles vor Ort verrottet und von der Natur zurückgewonnen wird.

3. Preis

Cyril Pfander

HTWK Leipzig

 

Bei dem Projekt „Leva“ wird ein nahezu sakral wirkendes Gebäude mit steilem Spitzdach vorgestellt. Die konzeptionelle Orientierung dessen liegt bei den Langhäusern der Wikinger und japanischen Minkahäusern und schafft damit eine überzeugende Raumqualität. Das Gebäude fungiert als Startpunkt eines Lehrpfades, der die Besucher anhand verschiedener Stationen über die Region informiert. Für die Konstruktion findet ein Upcycling alter, zu einem eigenen Stecksystem weiterentwickelter Gerüstbohlen statt. Ergänzend werden lokale Materialien wiederverwendet: ein Sekundärtragwerk aus Holzwerkstoffplatten, eine Außenhülle aus Stroh, eine Gründung aus Naturstein sowie Dämmung aus Hanf und Rohrkolben. Abgerundet wird das Projekt durch eine Energiegewinnung anhand von „Microbial Fuel Cells“ (MFC), welche aus Urin Energie beziehen.

Anerkennungen

Emmy Majert und Lydia Schmidt

Jan Müller

Marvin Mohr

Nora Jaskowiak

Oskar Ellwanger

Preisgericht

Von links nach rechts:

Bernhard Busch, Dipl.-Ing. Architekt, agn Niederberghaus & Partner, Ibbenbüren (Vorsitz)

Anja Rosen, M.A. Architektin, Urban Mining e.V.

Prof. Dipl. Ing. Annette Hillebrandt Architektin BDA, Bergische Universität Wuppertal

Karin Lang, Geschäftsführerin Detail Verlag, München

Sabine Djahanschah, Dipl.-Ing. Architektin, Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Osnabrück

Prof. Dirk E. Hebel, Architekt, Karlsruher Institut für Technologie KIT, Karlsruhe